Kilp: Es gibt Gewinner und Verlierer

02.10.2024

Kommunalexperte des BdSt Hessen spricht zur Grundsteuerreform

Was ist der Messbetrag? Welche Rolle spielt der Steuerhebesatz? Und vor allem: Wird es für mich teurer oder günstiger? Beim Vortrags- und Diskussionsabend der FDP Wehrheim am 1. Oktober mit dem Titel “Wachsam bei der Grundsteuerreform. Worauf es jetzt ankommt” lieferte Kommunalexperte Jochen Kilp vom Bund der Steuerzahler (BdSt) Hessen Antworten.

Unterschiedliche Grundsteuer für vergleichbare Grundstücke in ähnlicher Lage? Das ist ungerecht und geht zukünftig nicht mehr. Die Grundsteuer muss nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts neu geregelt werden. Die bisherigen, jahrzehntelang unveränderten Einheitswerte werden ab 2025 durch eine neue Bemessungsgrundlage ersetzt werden. Experte Kilp lieferte dem interessierten Publikum im Bürgerhaus Wehrheim einen umfassenden Überblick zur Grundsteuerreform und erläuterte, worauf die Steuerzahlenden bei ihren neuen Steuerbescheiden achten sollten.

Hessen hat – wie andere Länder auch – eigene Regelungen für die Grundsteuer B (für unbebaute und bebaute Grundstücke, die nicht der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet sind; hierzu zählen auch Eigentumswohnungen) und die Grundsteuer C (erhöhte Grundsteuer für baureife, nicht der Land- und Forstwirtschaft zugeordnete Grundstücke) im Hessischen Grundsteuergesetz getroffen. Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe und Flächen (Grundsteuer A) erfolgt die Bewertung und Besteuerung nach den bundesgesetzlichen Regelungen.

Bereits im März 2022 war Kilp auf Einladung der FDP Wehrheim zu Gast und informierte. Damals stand im Zuge der Reform für alle Grundbesitzer die Meldung ihrer Flächen an die zuständigen Finanzämter an. Viele Eigentümer hatten Fragen. Kilp und die FDP Wehrheim lieferten dazu wichtige Informationen. Inzwischen ist die Frist für die Meldung abgelaufen und die ersten Bescheide der Finanzämter zum neuen Messbetrag liegen den Steuerpflichtigen vor. “Hier gilt es, genau hinzuschauen, ob die Daten vom Finanzamt korrekt übernommen wurden und die neue Berechnung stimmt”, so Kilp.  Wer Fehler erkenne, habe vier Wochen Zeit, gegen den Bescheid Einspruch einzulegen. Aber auch nach dieser Einspruchsfrist seien Korrekturen möglich, in Form der Beantragung auf “fehlerbeseitigende Neuveranlagung” bei der zuständigen Behörde.

Zwar habe die hessische Landesregierung das Ziel der Aufkommensneutralität formuliert, und unter dem Strich sollen die Kommunen nicht mehr und nicht weniger Grundsteuer einehmen, als vor der Reform.  Doch kann die Reform für den Einzelnen zu einer Mehrbelastung, aber auch zu einer Entlastung führen. Kilp: “Es wird Gewinner und Verlierer unter den Betroffenen geben.”

Mit den neubewerteten Grundstücken hat die Landesregierung einen Vergleichshebesatz für jede Kommune berechnet, mit dem die Umstellung in Summe aufkommensneutral wäre. Dies bedeutet für Kommunen, dass sich Hebesätze senken, aber auch erhöhen können. Für die Gemeinde Wehrheim steht bei der Grundsteuer B eine Empfehlung der Hebesatzanpassung von bislang 479 auf 545 Prozentpunkte, bei der Grundsteuer A eine Anpassung von bislang 420 auf 306 Prozentpunkte im Raum. “Es ist davon auszugehen, dass die Verwaltung in ihrem Entwurf zum Haushalt 2025 den Gemeindevertretern genau diese Anpassungen zum Beschluss vorschlagen wird”, sagt FDP-Ortsvorsitzender und Mitglied der Gemeindevertretung, Andreas Bloching.

Kommunalexperte Kilp schließt nicht aus, dass es Kommunen geben wird, die die Grundsteuerreform nutzen, ihre Hebesätze über die Aufkommensneutralität hinaus zu verändern, um ihre Haushalte zu entlasten. “Ehe man an der Steuerschraube dreht, um einen Haushalt zu entlasten, sollte man immer zuerst darauf schauen, wie Kosten reduziert werden können”, meint Bloching.

Wichtig für Wehrheim sei, so die FDP Wehrheim, dass die Gemeinde ihre weiteren wichtigen Einnahmequellen aus der Einkommen- und Gewerbesteuer stabilisiere und bestenfalls steigere. Bloching: “Aber nicht durch Mehreinnahmen mit Hebesatzerhöhungen und den damit verbundenen Mehrbelastungen für den Steuerzahler. Das Ziel müssen mehr Steuerzahlende sein, im privaten und im gewerblichen Bereich. Wer sich breiter aufstellt, kann Ausfälle dann auch besser kompensieren.” Deshalb habe die Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbeflächen für die FDP Wehrheim weiter hohe Priorität.

Der stellvertretende FDP-Ortsvorsitzende Andreas Strehl bedankte sich bei den Teilnehmenden, betonte die Bedeutung solcher Informationsformate der Freien Demokraten für die Bürgerinnen und Bürger, und warf den Blick im Kalender bereits voraus: Am Dienstag, 26. November, wird wieder leidenschaftlich diskutiert. Dann findet die nächste “Liberale Runde” der Ortverbände Wehrheim, Neu-Anspach und Usingen statt. Eingeladen ind alle Intressierten ins Bürgerhaus Neu-Anspach. Beginn ist um 19 Uhr.

ZUM BUND DER STEUERZAHLER HESSEN

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) Hessen e.V. ist unabhängig, gemeinnützig und parteipolitisch neutral finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Er repräsentiert in Hessen ca. 11.000 Mitglieder, bundesweit ca. 200.000 Mitglieder. 15 selbständige Landesverbände tragen den BdSt Deutschland und das Deutsche Steuerzahlerinstitut. Der BdSt setzt sich ein für den wirtschaftlichen Einsatz von Steuergeldern, gegen Steuergeldverschwendung. Für eine moderate Steuer- und Abgabenbelastung, für ein einfaches und gerechtes Steuersystem und gegen übermäßige Staatsverschuldung.